Titel der Woche: »Zurück in die Vergangenheit«

Montag – 14.10.2024 Shopping Queen

Wie beschäftigt man zwei Teenager bei schlechtem Wetter am besten? Mit einem Besuch im Outlet Center. Mir ist bewusst, dass ich an einem verregneten Herbstferientag wahrscheinlich nicht die Einzige mit solch einer Idee bin. Mein Wunsch zeitig los zu kommen, scheitert wie so häufig. Ich versuche ruhig zu bleiben. Ich hoffe nur, dass sich der Ausflug lohnt und wir vor allem die dringend benötigten Schuhe für meinen Sohn finden. Der Junge hat in den letzten Monaten einen derartigen Wachstumsschub hingelegt, dass ich mit dem Kaufen von Bekleidung kaum mehr hinter her komme. Vor zwei Wochen bin ich mit beiden Kids an einem Samstag 6 Stunden durch Köln gerannt. Am Ende vom Tag war ich fix und fertig und wir hatten nur die Hälfte unserer Shoppingliste abgearbeitet. Heute habe ich meine Mutter als Unterstützung dabei. So können wir uns zwischenzeitlich aufteilen und sind hoffentlich effizienter unterwegs.

Auf dem Parkplatz ist bereits einiges los, doch auf dem großzügigen Gelände des Outlet Dorfs verteilen sich die Besucher erstaunlich gut. Die Läden sind nicht überfüllt und die Verkäufer sind sehr hilfsbereit. Über das Angebot bin ich positiv überrascht. Bereits im ersten Laden finde ich einen tollen Wintermantel in meiner Größe. Bisher habe ich häufig die Erfahrung gemacht, dass in Outlet Centern nur seltene Größen wie XXS oder XXL verfügbar sind. Auch die Kinder und meine Mutter werden fündig. Wir finden sogar Winter- und Joggingschuhe für meinen Sohn, die ihm gefallen. Keine Selbstverständlichkeit beim besonderen Geschmack eines 14-jährigen Teenagers, der in der Regel sämtliche meiner Vorschläge mit »uncool« oder »das ziehe ich im Leben nicht an« kommentiert. Der einzige Minuspunkt unseres Shoppingausflugs ist das kulinarische Preis-Leistungsverhältnis. Für ein paar Pommes, eine Art Veggie-Bowl und ein paar Getränke 54 € in einem Schnellrestaurant auszugeben, ist meiner Meinung nach Wucher. Ansonsten kann ich einen Ausflug ins Outlet Center Zweibrücken empfehlen (*unbezahlte Werbung).

 

 

Dienstag – 15.10.2024 Schweinchen Fridolin

Nach unserem gestrigen 5-stündigen Shoppingtrip mit anschließendem Abendessen mit der Familie lassen wir es heute etwas ruhiger angehen. Zum Mittagessen fahren wir in eine gemütliche Brasserie in der Innenstadt und schlendern nochmals durch ein paar Geschäfte. Meine Lust auf Shopping ist definitiv für die nächsten Wochen befriedigt. Am Nachmittag gönnen wir uns alle eine Auszeit und jeder geht seinen persönlichen Interessen nach. 

Ich entspanne bei einem Häkelprojekt. Neben Spaziergängen im Wald ist Handarbeiten für mich das Beste um Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen. Beim Häkeln oder Stricken vergesse ich die Welt um mich herum und fühle mich so richtig im Flow. Selbst meine blöden Verspannungen im Rücken und die Schmerzen im Arm spüre ich kaum noch. Im Internet finde ich eine Anleitung für ein super süßes Schweinchen. Fast drei Stunden bin ich komplett im Häkeln versunken und genieße das Gefühl purer Entspannung. Das ist Urlaub. Alle freuen sich an Schweinchen Fridolin, welches in der Zeit entstanden ist. 

 

Mittwoch – 16.10.2024 Ich war auch mal Teenager

Heute geht es mit meinen Kindern, meiner Mutter, sowie meiner Tante und meinem Onkel nach Luxemburg. Es ist 20 Jahre her, dass ich das letzte Mal in Luxemburg war, obwohl ich hier 7 Jahre meiner Jugendzeit verbracht und Abitur gemacht habe. Mein Verhältnis zu dieser Zeit ist sehr zwiegestalten. Auf der einen Seite habe ich meine aufregende Teenagerzeit hier erlebt, auf der anderen Seite habe ich mich in Luxemburg nie wirklich zu Hause gefühlt und meine Kindheit in Saarbrücken sehr vermisst. 

Ich erkenne sie Stadt kaum wieder. Wahnsinn wie viel sich hier in den letzten 20 Jahren verändert hat. Ohne mein Navi-System wäre ich komplett aufgeschmissen. Wir fahren zu dem Haus, in dem wir damals gewohnt haben. Von außen sieht es noch so aus wie damals. Die Pizzeria im Nachbarhaus existiert auch noch. Schon ein komisches Gefühl hier zu stehen. Ich zeige meinen Kindern ein bisschen die Umgebung und erzähle aus meiner Jugendzeit. 

Weiter geht es in Richtung Innenstadt. Wir parken auf dem großen Platz beim Theater. Dort findet jedes Jahr im August die große Kirmes statt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich hier einige Nachmittage mit meinen Freundinnen verbracht habe und das erste Mal Achterbahn gefahren bin. 

Am Place d’Armes angekommen, suchen wir uns erstmal ein Restaurant zum Mittagessen. Mit Teenagern schreit es bekanntlich ständig »Ich habe Hunger«. Nach einer ordentlichen Stärkung beim Mexikaner geht die Erkundungstour durch die Stadt weiter. Trotz zahlreicher Neubauten, die das Stadtbild in Teilen sehr verändert haben, gibt es noch Kneipen und Cafés, die meine Teenagerzeit massgeblich geprägt haben. Besonders freue ich mich, dass das »Interview« noch existiert. Hier habe ich Stunden mit meiner besten Freundin auf der Holzbank an der großen Fensterscheibe gesessen und bei einem Latte Macchiato über das Leben philosophiert. 

Zum Abschluss unseres Tagesausflugs fahren wir an meiner alten Schule, der Scola Europaea vorbei. Ich erkenne das Gelände nicht wieder. Auch hier wurde in den letzten Jahren viel neu gebaut und von den ursprünglichen Gebäuden stehen so gut wie keine mehr. Insgesamt war es ein sehr schöner Familienausflug mit einigen emotionalen Flashbacks in meine Jugendzeit.

 

 

Donnerstag – 17.10.2024 Waldbaden

Nach dem gestrigen Ausflug habe ich heute das Bedürfnis nach Ruhe. Auch wenn ich es nicht so gerne zugebe, durch die Therapien bin ich nicht mehr so leistungsfähig und ein Tag wie gestern strengt mich an. Insbesondere das Autofahren mit so vielen Personen, für die man verantwortlich ist und die alle durcheinander reden. 

Ich ziehe mich zum Schreiben zurück und unternehme am Nachmittag eine kleine Wanderung in den Wald. Die Bäume haben eine wunderbar beruhigende Wirkung. Ich lehne mich gegen einen starken Baumstamm, atme tief durch und genieße die Kraft der Natur. Ich tanke neue Energie für mich und meine Familie. Am Abend treffen wir uns bei meiner Tante zum Abendessen. Ich bin immer noch nicht so gesprächig. Insbesondere auf negative Gesprächsthemen reagiere ich heute ein bisschen sensibel.

 

Freitag – 18.10.2024 Computerspezialisten

Gestern Abend haben wir meinen Onkel überredet, sich einen neuen Computer zu kaufen. Wenn schon drei Comupterspezialisten vor Ort sind, soll er die Möglichkeit nutzen. Mein Sohn verkündet selbstbewusst, dass die Einrichtung eines neuen Computers ganz einfach wird. Zusammen mit meiner Mutter, meinem Sohn und meinem Onkel fahre ich in die Stadt zum Computerkauf. Schnell haben wir, dank kompetenter Beratung, das passende Modell gefunden. Mein Sohn ist erstmal für die nächsten Stunden beschäftigt und ich freue mich, auf einen entspannten Nachmittag mit Lesen und Häkeln. 

Schon nach wenigen Minuten klingelt das Telefon und mein Sohn benötigt Hilfe. Ich ahne bereits, dass sich das Computerprojekt zum Drama entwickeln könnte. Früher habe ich meinem Onkel seine Computer eingerichtet und war Ansprechpartnerin für sämtliche Technikprobleme. Mein Sohn kann sich nicht so wirklich vorstellen, dass seine »alte« Mutter von so was Ahnung hat. Meine Tochter, die sich mit Computern ebenfalls richtig gut auskennt, bietet ihre Unterstützung an. Erwartungsgemäß entflammt ein Geschwisterstreit um die Frage, wer es schafft, den neuen Computer einzurichten. Ich lasse die Kids erstmal machen und beruhige meinen nervösen Onkel, der mittlerweile nicht mehr so sicher ist, ob der Computerkauf eine gute Idee war.

 

Samstag – 19.10.2024 Weltkulturerbe

An unserem letzten Urlaubstag in Saarbrücken möchte ich noch einen Ausflug unternehmen. Das Wetter war leider nicht so berauschend, so dass die geplante Wandertour ins Wasser gefallen ist. Meine Kinder sind weiterhin mit dem Einrichten des Computers beschäftigt. Sie wollen meinem Onkel alles perfekt einrichten. Wenigstens meine Tochter kann ich überreden, mit meiner Mutter und mir das Weltkulturerbe Völklinger Hütte zu besuchen. Ich war vor Jahren schonmal dort und fand den Rundgang durch die Hallen des ehemaligen Stahlwerks interessant.

Die Ausstellung ist wirklich beeindruckend. Wir erkunden die verschiedenen Hallen und steigen auf zur Aussichtsplattform des Hochofens. Wir drei Damen sehen mit unseren Baustellenhelmen, die wir zum Schutz tragen müssen, richtig flott aus. Ich bin stolz auf meine Mutter, die alles mit ihren 76 Jahren mitmacht. Zum Abschluss durchqueren wir den Paradiesgarten. In diesem Bereich haben Pflanzen und Tiere sich das Gelände nach Stilllegung des Werks zurückerobert. Wir treffen auf einen Sicherheitsmann, der seine erste Schließrunde läuft und kommen unverhofft zu einer privaten Führung durch den Garten. Wir dürfen uns Lauchzwiebeln und Sellerie aus dem hauseigenen Biogarten mitnehmen. Biogemüse aus dem Stahlwerk.

Beseelt von dem schönen Ausflug, fahren wir zurück und lassen den Abend mit den anderen in der Pizzeria ausklingen.

 

Sonntag – 20.10.2024 Beliebt sein

Nach dem Frühstück packe ich zusammen. Jedes Mal, wenn ich bei meiner Mutter zu Besuch bin, ist mein Auto anschließend voll bis unters Dach. Ich nutze jede kleine Ecke unseres Familienvans, um alles unterzubringen. Mein Plan, spätestens um 12 Uhr loszufahren, scheitert an dem noch immer nicht gelösten Computerdrama. Ich nehme mir nochmal 2 Stunden Zeit, um meinem Onkel alles abschließend einzurichten. So, kann ich mit einem guten Gefühl nach Hause fahren.

Auf der Fahrt führe ich eine interessante Diskussion mit meiner Tochter über »beliebte« Menschen. Ich kenne die Gedanken noch aus meiner Jugend »gehöre ich zu den beliebten Leuten?« Ich gehörte definitiv nie dazu, was mich als Teenager traurig machte. Heute habe ich einen anderen Blickwinkel. Bedeutet beliebt nicht viel mehr gewöhnlich, normal, angepasst? Hat das etwas mit »Liebe« zu tun? Nein, auch wenn man sich nicht dem Diktat des Mainstreams unterwirft, ist man ein liebenswerter Mensch. Im Gegenteil in der Andersartigkeit steckt so viel Potential. Man sollte keine Kraft verschwenden einer Gruppe gefallen zu wollen und dabei die eigene Persönlichkeit verleugnen. Mittlerweile bin ich stolz, ein bisschen anders zu sein. Ich bin beliebt in einer Gruppe von Menschen, die meine Persönlichkeit zu schätzen wissen. Dieses Selbstbewusstsein wünsche ich mir auch für meine Kinder. 

Nach 3 Stunden und mehreren Staus sind wir wieder zu Hause und werden freudig von meinem Mann und unserem Hund begrüsst. Die nächsten Stunden verbringe ich mit Auspacken und Wäsche waschen. Zumindest in diesem Punkt bin ich eine stinknormale Mutter und Hausfrau 😉