Jahre lang habe ich die Stimme meines Körpers überhört. Ich litt nicht nur unter Unterleibsproblemen, sondern verspürte immer wieder diffuse Schmerzen im gesamten Körper. Nach meiner Gebärmutterentfernung beruhigte sich zwar mein Unterleib und meine Eisenwerte normalisierten sich, aber der erhoffte Durchbruch ließ auf sich warten. Ich fühlte mich immer noch häufig erschöpft, depressiv und verspürte insbesondere bei Wetterwechseln unerklärliche Muskelschmerzen und Schwindelattacken. Aus schulmedizinischer Sicht gab es keinen Grund für meine Beschwerden.

Ich probierte alles aus, um meinen Zustand zu verbessern.

Auf Anraten einer naturheilkundlichen Ärztin stellte ich meine Ernährung komplett um. Ich verzichtete auf Fleisch, Milchprodukte und Gluten. Bereits nach wenigen Tagen war ich komplett erschöpft und meine Verdauung spielte verrückt. Ich bekam starke Schmerzen im Oberbauch und wurde immer depressiver. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass diese Art der Ernährungsumstellung meinem Körper nicht wirklich guttat. Ich verlor immer mehr an Substanz, Gewicht und Lebensenergie. Die Ärztin meinte, das wäre sehr ungewöhnlich, da eine solche Ernährung, den meisten Menschen, viele Vorteile bringt. Mir offensichtlich nicht. Ich war verzweifelt. Ich hatte mir so viel von der Ernährungsumstellung erhofft.

Mein Körper hatte andere Vorstellungen einer gesunden Ernährung.

Mein Körper schrie förmlich nach tierischen Eiweißen, aber das passte doch nicht in eine Zeit in der vegetarische und vegane Ernährung, die neuen menschlichen Ernährungsformen sind. Schon als Kind habe ich Fleisch, Süßigkeiten deutlich vorgezogen. Am Anfang, meiner zweiten Schwangerschaft war Fleisch das Einzige, was bei mir keinen Ekel und Brechreiz auslöste und meinem dramatischen Gewichtsverlust entgegenwirkte. Auch die Stillzeit hätte ich ohne Steaks nicht überlebt. Ich habe nie unkontrolliert Massen von Billigfleisch in mich hineingestopft, sondern immer hochwertiges Fleisch mit gekochtem Gemüse kombiniert. Rohkost, Salate und generell kalte Speisen geben mir kaum ein Sättigungsgefühl und führen innerhalb weniger Tage zu einem dramatischen Gewichtsverlust. Auch Zucker befeuert eher meinen Stoffwechsel, so dass Empfehlungen »iss doch mehr Schokolade«, um zuzunehmen, bei mir völlig kontraproduktiv sind.

 Die Ärzte konnten sich dies nicht erklären, da alle Untersuchungen auf eine Stoffwechselstörung negativ ausfielen. Ich passte nicht ins gängige Schema und die Vorstellungen einer gesunden Lebensweise. Ich hatte lange Zeit nicht den Mut auf die individuellen Bedürfnisse meines Körpers zu hören. Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, dass mein Körper anscheinend auf tierische Eiweiße angewiesen war und alle pflanzlichen Eiweißlieferanten bei mir kaum Wirkung zeigten. Die Medien mit der Verteufelung von Milch und Fleischprodukten machten mir Angst. Hatte ich durch meinen Fleischkonsum meine gesundheitlichen Probleme verursacht und bildete ich mir das schlechte Körpergefühl bei einer vegetarischen Ernährung nur ein?

Die TCM war der Wendepunkt zu einem neuen Körpergefühl.

Ich bin dankbar, dass ich durch einen Zufall mit der Lehre der TCM in Kontakt kam. Die traditionell chinesische Medizin sieht den Menschen und was ihm guttut viel individueller als die westliche Medizin. Ich durfte erfahren, dass meine Urinstinkte nicht falsch sind. Mein Konstitutionstyp braucht für Substanzaufbau insbesondere nach dem jahrelangen Blutverlust tatsächlich tierische Eiweiße. Außerdem gehöre ich zu den Typen die Rohkost schlecht verdauen. In diesem Fall bringen mir auch die Vitamine nicht viel, die in Rohkost enthalten sind, weil mein Körper sie gar nicht aufnehmen kann. Natürlich bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass mein Körper panierte Schnitzel, Wurstwaren und täglich drei gegrillte Steaks benötigt. Eine derartige Ernährung ist auch für mich vollkommen ungesund. Eine gesunde Kombination aus kleinen Fleischportionen mit viel gekochtem Gemüse ist ideal. Genau das hatte mir auch immer mein Bauchgefühl signalisiert.

»Ich könnte dreimal am Tag warm essen.« Dieser Satz aus meiner Kindheit löste bei meiner Mutter, die nicht sonderlich gerne kocht, wenig Begeisterung aus. Auch hier lag ich mit meinem instinktiven Bedürfnis genau richtig. Warme Mahlzeiten empfinde ich als unglaublich wohltuend und koche mittlerweile, wenn immer möglich warm auch zum Frühstück.

Ein weiteres Aha-Erlebnis hatte ich beim Thema Sport. Schon immer habe ich Yoga, QiGong und Spaziergänge in der Natur, Ausdauersport vorgezogen. Der Gewichtsverlust nach regelmäßigen Joggingeinheiten war einfach zu groß. Heute weiß ich, dass Ausdauersport meinen Körper zu sehr auszehrt und daher kontraproduktiv für mein Wohlbefinden ist. Jahrelang hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich zu wenig Ausdauersport betreibe. Dabei habe ich eine gute Kondition, keine Herz-Kreislaufbeschwerden und gehe täglich mehrmals spazieren.

Mach Dich frei von Trends und höre auf die Stimme Deines Körpers.

Seitdem ich bewusst auf die Stimme meines Körpers höre und mich frei mache von allgemeingültigen Empfehlungen, geht es mir deutlich besser. Die diffusen Schmerzen sind fast komplett verschwunden, ich bin nicht mehr depressiv, weniger müde, leistungsfähiger und emotional deutlich stabiler. Ein gesunder Körper verarbeitet Emotionen viel besser und ist stressresistenter. Ich sündige auch ab und zu, lebe nicht dogmatisch, denn das verursacht wiederum ungesunden Stress.

Leider haben viele von uns den Zugang zu den wahren Bedürfnissen ihres Körpers verloren. Wir leben heute so stark im Außen, werden von den Medien derart beeinflusst, dass die innere Stimme unseres Körpers kaum eine Chance hat, gehört zu werden. Wir spüren für unsere Urinstinkte nicht mehr und laufen jedem neuen Trend hinterher. Kein Wunder, dass so viele Frust erleben, obwohl sie sich solche Mühe geben, gesund zu leben. Mach Dich frei von den Trends, höre in Dich hinein, finde heraus was Dir wirklich guttut und habe kein schlechtes Gewissen, wenn Du damit nicht der Massenmeinung entsprichst. Glaube an Dich und Deinen Körper.

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